Vom Wert der Bewertungen

 

Die Crux mit den Rezensionen
Seit „Dein Weg, meine Liebe“ das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, weiß ich, was das Schönste am Autorenleben ist. Ich hatte es wenige Wochen nach Erscheinungstermin hier schon mal beschrieben und tatsächlich hat sich an meiner Meinung bis dato nichts geändert: Das Schönste ist das Feedback der Leser/innen. Es erreicht mich in seltenen Fällen persönlich, viel häufiger  über Facebook, Twitter, Instagram. Mitunter nehmen sich die geneigten Leserinnen und Leser die Zeit, Rezensionen auf Amazon, LovelyBooks, in Facebook-Gruppen, ihrem eigenen Blog oder in einer Lesecommunity zu hinterlassen. Auf diese Weise machen sie andere auf das Buch aufmerksam, was für mich als Selfpublisherin besonders wichtig ist, da mein Titel ja in den wenigsten Buchhandlungen vorrätig ist. (Siehe mein Beitrag Die Selfpublisherin und der Buchhandel)

 

Bezahlte Produktbewertungen bei Amazon

Was mich als Autorin freut, rührt, schlicht glücklich macht, hat indes für viele andere wenig bis gar keinen Wert. Immer weniger Menschen schenken den positiven Bewertungen auf Amazon noch viel Bedeutung. Bücher sind schließlich auch Geschmackssache. Wenn Millionen auf Harry Potter fliegen, muss das für mich gar nichts heißen. Hinzu kommt, dass auch mit Rezensionen inzwischen Geschäft gemacht wird. Das ist ganz legal, solange der Rezensent seine Bezahlung (meist in Form des Testprodukts für den Eigenbedarf) unabhängig davon erhält, ob er oder sie einen oder fünf Sterne vergibt. Amazon selbst baut mit seinem Vine-Programm einen Pool von Produkttestern auf. Bewerben können sich Menschen, die auf Amazon bereits zahlreiche, detaillierte und aussagekräftige Bewertungen verfasst haben. Diese Personen erhalten das zu testende Produkt kostenlos und müssen dieses so bewerten, dass die Rezension von möglichst vielen anderen Nutzern als hilfreich bewertet wird. Die Sternzahl ist irrelevant. Wichtig ist die Plausibilität der Bewertung. Unternehmen und Verlage wiederum zahlen Amazon und stellen außerdem Testprodukte zur Verfügung.

 

Welchen Wert haben 5 Sterne?

Dieses Vorgehen wird nun von diversen Dienstleistern aufgegriffen. Und kreativ abgewandelt. Um als Anbieter eines Produkts nicht an Amazon zahlen zu müssen, wird das Geschäftsmodell einfach adaptiert. Blogger und Personen, die häufig Buchrezensionen verfassen, werden auf Facebook mit „Job-Angeboten“ kontaktiert: Möchten Sie ein paar Euros hinzuverdienen? Lesen Sie gern? Schreiben Sie gern Rezensionen? Der Deal in diesen Fällen: kostenloses Testprodukt (meist das eBook), plus (lausige) Bezahlung pro Rezension. Ich las von Bezahlungen von einem Euro für eine Rezension ohne Bild, zwei Euro für eine mit Bild. Auch hier wird niemandem vorgeschrieben, eine bestimmte Anzahl an Sternen zu vergeben. Theoretisch. Praktisch muss eine Person mit dieser Art Nebenjob neun Rezensionen pro Stunde verfassen, um wenigstens auf den gesetzlichen Mindestlohn zu kommen.

 

Keine Zeit für die Lektüre

Zum Lesen bleibt keine Zeit, wenn die eigene Rezi in sechseinhalb Minuten fertig sein muss. Folglich müssen – etwa von bereits vorhandenen Rezensionen inspirierte – Standardfloskeln reichen: Tolles Buch. Hat mich total berührt. Müsst ihr unbedingt lesen. Denn für eine abweichende Meinung (die womöglich verargumentiert werden müsste) ist ebenfalls keine Zeit. Eine Reihe von Selfpublishern haben in den vergangenen Monaten zu diesem Modell gegriffen. Sie bekommen auf anderen Wegen keine Rezensionen, also schreiben sie den „Job“ aus und hoffen, dass die Rezensenten nach dem Sprichwort vorgehen: Die Hand, die mich füttert, beiße ich nicht. Für diejenigen, der sich fragen, ob ihnen dieses Buch wohl gefallen könnte, sind diese Rezensionen freilich wenig hilfreich.

 

Bloß keine Rezensionen aus Gefälligkeit!

Im Streben nach Qualität bei den Bewertungen ergreift Amazon bisweilen Maßnahmen, die Einzelpersonen nicht immer als gerecht empfinden. Beispielsweise löscht Amazon (ich habe das nur gehört, nicht selbst erlebt. Gebt mir gern einen Hinweis, falls ich falsch liege) Rezensionen von Familienmitgliedern und engen Freunden. Das wird natürlich als ungerecht empfunden. In meiner Familie ist es ja so, dass man erstens keine Zeit mit Büchern verschwendet, die nicht mal einen Verlag gefunden haben, und zweitens nichts „ins Internet schreibt“. Sollte ich jemals eine positive Amazon-Rezension von einem Mitglied meiner Familie erhalten, wäre das für mich eine Auszeichnung, für Amazon jedoch eine zu löschende Gefälligkeitsrezension. Inzwischen mehren sich die Hinweise, dass Amazon solche Gefälligkeiten nicht nur bei Familienmitgliedern vermutet, sondern auch bei nahen Freunden.

 

Zweierlei Maß

Ich weiß nicht, ob das ein Gerücht ist. Aber womöglich ist Amazon in der Lage, über öffentliche Autorenprofile bei Facebook enge und langjährige Verbindungen zwischen Menschen zu identifizieren und auch hier Gefälligkeiten zu vermuten. Daraus ergibt sich – in Einzelfällen wie bei mir zum Beispiel – ein schiefes Bild, das dem grundsätzlichen Wert von Rezensionen auf Amazon nicht gerade hilft. Viele meiner engen Freunde sind Journalisten oder/und haben selbst Bücher geschrieben (die von richtigen Verlagen publiziert wurden). Sie haben einen gewissen Anspruch an das, was sie lesen, und wann sie es lesen. Sie freuen sich für mich, dass ich mein Buchprojekt realisiert habe. Aber es entsteht kein Zugzwang, jetzt möglichst schnell positive Rezensionen dazu zu verfassen.

 

Echtheit ist nicht käuflich

Ich weiß, der oder die eine oder andere werden mein Buch irgendwann lesen und im Falle, dass es ihnen gefällt, auch etwas darüber schreiben. So wie ich meine Freunde einschätze, würden sie bei Nicht-Gefallen eher gar nichts schreiben, als mein Buch aus reiner Gefälligkeit hochzujubeln. Dazu schreiben in meinem Bekanntenkreis zu viele Menschen. Was ich damit sagen will: Wenn diese engen Freunde mein Buch rezensieren würden, wäre ich sehr stolz – und natürlich höchst enttäuscht, wenn Amazon diese Rezensionen dann löschen würde, weil es zwischen mir und diesen Personen langjährige Verbindungen gibt. Derweil würden womöglich weniger aussagekräftige „Dienstleister-Rezensionen“ online verbleiben. Was folgt daraus? Sollte auch ich meine Sammlung positiver Rezensionen mit ein paar bezahlten Rezis aufstocken? Quasi als Ausgleich dafür, dass Amazon echte Rezensionen von Familie und Freunden löscht?

 

Rezensionen als Werbeinvestition?

Mit dem Geld, das ich für Facebook-Werbung aufwende, könnte ich problemlos meine Rezensionen verdreifachen. Aber. ABER. Es gibt auf dieser Welt immer noch ein paar Dinge, die kann man sich nicht kaufen. Glaubwürdigkeit zum Beispiel. Bisher kann ich nämlich guten Gewissens sagen, dass die Amazon-Rezensionen zu „Dein Weg, meine Liebe“ echt sind. Manchen Rezensenten habe ich im Rahmen einer Leserunde oder für eine Blogbesprechung ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, andere haben das Buch gekauft. In (ich glaube doch!) jedem einzelnen Fall haben die Menschen, die dort ihre Empfehlung hinterlassen haben, das Buch tatsächlich gelesen. Ich wünsche mir, dass das auch künftig so bleibt.

 

Echtes versus Unechtes

Auf Facebook erheben sich regelmäßig Empörungswellen, wenn wieder einmal Rezensenten von „Dienstleistern“ angeschrieben werden. Zum Teil sind diese Dienstleister die Autoren selbst. Sie hoffen mit ein paar verschenkten eBooks und einer Investition von 50 Euro ihre Bewertungen zu vervielfachen. In diversen Bücher- und Autorengruppen wird dann diskutiert, ob das überhaupt legal ist. Was man dagegen tun kann. Ich bezweifle, dass diese Diskussion die Energie wert ist, mit der sie geführt wird. Echtes steht überall und immer wieder im Wettbewerb mit Unechtem. Die Entscheidung, welchem Lager wir uns zugehörig fühlen wollen, ist ganz allein unsere. Und genauso ist es unsere Entscheidung, ob wir uns beeindrucken lassen vom Unechten, vielleicht sogar neidisch sind. Auf den Unternehmer, der zum Geschäftsessen mit der schönsten Frau (vom Escort-Service) auftaucht. Oder auf den YouTuber, der seine tausend Paar Sneaker zeigt (für die er sich kräftig verschuldet hat). Vielleicht auch auf Autoren, die mit Geschichten rund um Milliardäre und ihren ungewollten Nachwuchs die Amazon-Bestsellerliste anführen.

 

Haltung statt Vorschriften

Es nützt nichts, gegen professionelle Produkttester und bezahlte Rezensionen vorzugehen. Solange niemandem explizit vorgeschrieben wird, wie die Bewertung ausfallen muss, ist dieses Vorgehen legal. Was ich wichtiger finde, ist die eigene Haltung. Bin ich Neider? Bin ich Nörgler? Oder bin ich konstruktiv? Gehe durch die Rezensionen zu anderen Büchern auf Amazon und markiere solche als hilfreich, die mir aussagekräftig erscheinen? Vielleicht erwische ich dabei ja zufällig eine Rezension eines Familienmitglieds des Autors und rette sie vor der Löschung. Das ist es zumindest, was ich aus den Amazon-Maßnahmen mitnehme.

 

Fazit

Und was die Rezensionen zu „Dein Weg, meine Liebe“ angeht, steht meine Entscheidung fest: Ich freue mich riesig darüber, dass Leserinnen und Leser sich Zeit nehmen, ihre Gedanken zu meinem Buch zu hinterlassen. In manchen Fällen sind das ausführliche Besprechungen. In anderen ist es vielleicht „nur“ eine spontane, emotionale Äußerung: Tolles Buch. Hat mich total berührt. Müsst ihr unbedingt lesen. Unterscheidet sich für Außenstehende vielleicht nicht von einer Fake-Rezi. Aber so what? Vielleicht stammt sie von einem Menschen, der sonst keine Rezensionen schreibt und einfach spontane Freude teilen wollte. Möglicherweise musste die Person lange nach Worten suchen. Auch über solche kurzen Botschaften freue ich mich. Weil ich weiß, dass sie echt sind.

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Von Alizée Korte | Datum: 21.01.2018

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