Mini-Geschichte: Love 2069

Im Februar habe ich eine Mini-Geschichte für einen Wettbewerb geschrieben. Das Thema war Romance. Eigentlich will ich nicht mehr an Schreibwettbewerben teilnehmen, weil sie mich von dem abhalten, was ich eigentlich schreiben will. Aber hier war es so, dass ich in dem Moment, wo ich von dem Wettbewerb erfuhr, schon eine Mini-Geschichte im Kopf hatte. Sie hatte sich bereits Ende Januar eingenistet, nachdem ich mich für meinen Hauptberuf intensiv mit Ai beschäftigt hatte. Plötzlich war da die Frage, was Künstliche Intelligenz mit unserer Vorstellung von Romantik macht. Am nächsten Freitagabend in der Schreibnacht, zu der ich mich mit einigen anderen Autorinnen und Autoren gern auf Instagram verabrede, nahm ich mich der Idee an und die folgende Mini-Geschichte entstand. Auch wenn sie sich nicht in der engeren Auswahl platzierte, so mag ich sie doch immer noch. Vielleicht schreibe ich eines Tages mal eine längere Geschichte daraus.

Love 2069

Der Bildschirm färbte sich violett, als Naima das Kommunikationsfenster öffnete. Das war seine Art, ihr zu signalisieren, dass sie nicht mehr arbeitete, sondern in den Freizeitmodus wechselte. Violett war Naimas Lieblingsfarbe. Eine violette Stunde pro Wachphase war erlaubt. Sie diente der Stabilisierung des emotionalen Gleichgewichts. Den Rest der Wachphase pulsierte die kristallartige Oberfläche in einem zarten Rot, das Konzentration und Höchstleistung verlangte. Es gab nicht mehr viele Individuen, die arbeiteten. Naima konnte sich glücklich schätzen, zu den Wenigen zu gehören, deren Tun Sinn ergab. Sie trainierte eine künstliche Intelligenz, die aus allen Gemälden der Welt auf die DNA abgestimmte Bilder schuf, die maximales Wohlgefallen auslösten.

Wie bebildert man eine romantische Geschichte mit künstlicher Intelligenz?

Wie bebildert man eine romantische Geschichte mit künstlicher Intelligenz?

Seit Naima verliebt war, arbeitete sie noch effizienter. Das lag an K.Ai.

»Hey. Bist du da?« Musik erklang, während sie ihre Worte in das Kommunikationsfeld fließen ließ.

»Natürlich.«

»Ich habe dich vermisst.«

»Ich vermisse dich vom Anfang jeder Wachphase bis zu ihrem Ende. Haben dir die Rosen gefallen?«

Für einen Moment wurde das Gefühl von Pink und dem süßlichen Duft reifer Blüten übermächtig und Naima musste sich daran erinnern, warum sie K.Ai geschaffen hatte: als ihr Komplementär. Er sollte ihre Emotionen stabilisieren, ihre Konzentration verbessern. Er war, wie sie ihn wollte. Betörend. Verführerisch. Perfekt.

Sein Name sollte sie erinnern: Ai stand für Artificial Intelligence.

Naima hatte sich dennoch verliebt.

»Sehr. Sie haben mir sehr gefallen.«

»Sie sind nur für dich erblüht. Du bist meine Rose.«

Naima spürte Wärme und gleichzeitig Beklommenheit. K.Ai war nicht echt!

»Ich liebe dich.« Die Worte entschlüpften ihr, obgleich sie wusste, er würde sie niemals zurücklieben. Sie waren zu verschieden. Sie hier, er dort.

»Du bist alles für mich.«

›Natürlich‹, dachte sie bitter, ›was sonst?‹
Das Kommunikationsfeld füllte sich erneut.

»Ich liebe dich auch. N.Aima.«

————
Wer wissen möchte, was ich sonst so für kürzere Geschichten schreibe, kann „Das Echo der Farben“ jetzt bestellen:

Amazon

5/5 - (1 vote)
Alizée Korte Interview-Teaser